Forschungsprojekte
Im Rahmen von Drittmittelprojekten werden wesentliche Fragestellungen betreffend die Rolle von Innovationen für Wettbewerbsfähigkeit und wirtschaftliche Entwicklung, die Funktionsweise öffentlicher Institutionen unter Bedingungen der Mehrebenen-Governance (regional bis übernational), sowie strukturelle Verflechtungen und deren Dynamik im Prozess der Globalisierung behandelt.
Laufende Projekte
Ludwig v. Mises‘ Wiener Privatarchiv und seine Relevanz für Wirtschaftspolitik und -theorie
Projektleiter: Univ.-Prof. Dr.phil. Dr.h.c. Stefan Karner
Bewilligungssumme: 249.000,00 EUR - Jubiläumsfonds der Österreichischen Nationalbank
Laufzeit: 1. Dezember 2022 bis 30. November 2025
Kern des Projekts ist eine systematische, umfassende Sichtung von bisher nur partiell ausgewerteten umfänglichen, jahrzehntelang in Moskau gelagerten und vom Projektleiter aufgefunden Archivbeständen, die das Wirken Ludwig v. Mises v.a. in der Zwischenkriegszeit dokumentieren. Im Zuge des Projekts soll auch der gesamte Aktenbestand digital erfasst und unter der Ägide des Graz Schumpeter Centres der Universität Graz der Forschung digital zugänglich gemacht werden.
Agent-based Economic Epidemiology
Fördersumme: 398.883,25 (FWF - Der Wissenschaftsfonds)
Projektstart: Februar 2022
Projektleiter: Univ-Prof. Dr. Christian Gehrke
Projektmitarbeiterinnen:
Patrick Mellacher, B.A.(Econ.) M.Sc. (Econ.) Dr.rer.soc.oec.
Teresa Lackner B.A.(Econ.) M.Sc. (Econ.)
Magdalena Rath, Bakk.phil. BSc
Simon Plakolb, Bsc Msc
Die Covid-19 Pandemie hat einer breiten Öffentlichkeit bewusst gemacht, wie wichtig epidemiologische Modelle sind, um die Ausbreitung von Infektionskrankheiten vorhersagen und die wirtschaftlichen Folgen abschätzen zu können. Eine besonders gut geeignete Methode dazu ist die Anwendung sogenannter Agentenbasierter Modelle (Agent-based models). Diese Computersimulationen sind in der Epidemiologie fest verankert und werden auch in der Volkswirtschaftslehre in zunehmendem Ausmaß genutzt. Im Schnittbereich der beiden Disziplinen, der sogenannten ökonomischen Epidemiologie, sind sie jedoch bislang noch stark unterrepräsentiert. Einer dieser wenigen Ansätze wurde unter dem Titel "COVID-Town" von Patrick Mellacher am Graz Schumpeter Centre der Universität Graz entwickelt. Dieses Modell erlaubt es, gleichzeitig ökonomische und epidemiologische Folgen des Coronavirus unter verschiedenen Politikszenarien zu simulieren und legt einen besonderen Fokus auf die Heterogenität der Bevölkerung hinsichtlich ihrer ökonomischen, sozialen und epidemiologischen Merkmale. In diesem Projekt werden Agentenbasierte Modelle entwickelt und auf neue Fragestellungen angewendet: Wie wirkt sich eine komplexere Modellierung epidemiologischer Dynamiken auf politische Handlungsempfehlungen aus? Welche Folgen und Dynamiken ergeben sich aus dem sogenannten Corona-Skeptizismus? Welche sozio-ökonomischen Konsequenzen der Krise sind auf unterschiedliche Bevölkerungsgruppen und insbesondere auf die Lage der Frauen kurz- und längerfristig zu erwarten?
Digital competences mismatch in the Austrian labour force: A model of unemployment responses
Fördersumme: 197.000,00 EUR (OeNB Jubiläumsfond)
Projektstart: 01.11.2020
Projektleiter: Univ-Prof. Dr. Richard Sturn
Projektmitarbeiterinnen:
Carolina Lennon, Ph.D in Economics, M.sc B.A.
Marlies Schütz, Dr. Bakk.rer.soc.oec. M.A. (Econ.)
Laura Zilian, BSc MSc.
Stella Zilian, B.A.(Econ.) M.A. (Econ.)
Obwohl es keinen Konsens darüber gibt, in welcher Form Künstliche Intelligenz und Roboter Arbeit ersetzen können, wächst die Zahl empirischer und theoretischer Untersuchungen, die auf signifikante Verschiebungen der Beschäftigungsstruktur hinweisen. Obwohl sich Studien vermehrt der Analyse der zunehmenden Automatisierbarkeit immer komplexerer Tätigkeiten widmen, gibt es nur wenige Studien, die die kurzfristigen Konsequenzen für die Arbeitnehmer/-innen untersuchen. Um diese Lücke zu schließen, entwickeln wir ein agentenbasiertes Modell, um die aktuellen Dynamiken auf dem Arbeitsmarkt zu untersuchen. Kernstück des Modells ist die Inkorporation digitaler Kompetenzen, wodurch wir (Mis-)match-Situationen simulieren können. Diese Analyse soll dazu beitragen, politische Entscheidungsträger über die Auswirkungen der digitalen Revolution auf die Beschäftigungsfähigkeit verschiedener Gruppen der österreichischen Arbeitskräfte zu informieren.
Ökonomische Arbeiten deuten auf das Vorantreiben struktureller Veränderungen der Beschäftigung durch die digitale Revolution hin. Jedoch wurden kurzfristige Konsequenzen für Individuen bisher wenig beachtet. In diesem Ökonomie, Medien- und Informationswissenschaft vereinenden Projekt erweitern wir die Forschung, indem wir Arbeitsmarktdynamiken basierend auf Angebot und Nachfrage digitaler Kompetenzen modellieren. Weiters werden zwei Indikatoren zur Erfassung digitaler Kompetenzen im Arbeitsmarkt entwickelt und in Szenarien die Auswirkung von ungleich verteilten Kompetenzen auf die Beschäftigungsfähigkeit von verschiedenen Personengruppen untersucht. Zuletzt wird durch Mikrodaten die Übergangsdynamik "Arbeitslosigkeit-Beschäftigung" analysiert, um die Ergebnisse des ABM zu validieren und stilisierte Fakten über die Verteilung und Trends digitaler Kompetenzen zu erhalten. Außerdem werden potentielle Risikogruppen identifiziert, deren Arbeitsplätze durch neue Technologien gefährdet sind.
Um Arbeitslosigkeit vor dem Hintergrund der digitalen Revolution zu untersuchen, werden wir ein agentenbasiertes Modell (ABM) entwickeln, um das Angebot und die Nachfrage digitaler Kompetenzen und deren (Mis-)match zu untersuchen. Das Modell wird mit Informationen über digitale Kompetenzen in der österreichischen Erwerbsbevölkerung kalibriert und validiert. Wir werden zwei Indizes für die Messbarkeit der Berufsanforderungen bezüglich digitaler Kompetenzen auf der niedrigsten Hierarchieebene von ISCO-08 entwickeln und dafür u.A. Suchtextalgorithmen, Netzwerkanalyse und Revealed Comparative Advantage-Analyse anwenden. Zur Modellkalibrierung werden wir Daten der registrierten offenen Stellen des Arbeitsmarktservices nutzen. Mithilfe der EU-AKE werden wir das Angebot digitaler Kompetenzen basierend auf Berufen erfassen. Zuletzt werden wir Mikrodaten über den Übergang zwischen Arbeitslosigkeit und Erwerbstätigkeit in Österreich nutzen, um die wichtigsten Ergebnisse des ABM zu validieren.
Wie 'smarte Maschinen' Österreichs Wirtschaft verändern
FWF-Projekt P 30434-G27 (2017-2020)
Fördersumme: EUR 402.098,55
Projektbeginn: 1. Juli 2017
Projekt-Webseite: smart.uni-graz.at
Projektthema: Meilensteine im Bereich Robotik und künstliche Intelligenz schaffen die Grundlage für eine neue Welle der Digitalisierung und Vollautomatisierung. Die Schlüsseltechnologie hierzu bilden smarte Maschinen, wie cyber-physikalische Systeme (CPS), die eine Interaktion zwischen physischer und virtueller Welt und somit die Vollautomatisierung von Produktionsprozessen ermöglichen. CPS als Wegbereiter für die digitale Transformation werden bereits jetzt als nächste ‚General Purpose Technology‘ (GPT) gehandelt – eine Basistechnologie, die die gesamte Wirtschaft affiziert und tiefgreifenden Strukturwandel auslöst. Insbesondere werden nachhaltige Konsequenzen für den Arbeitsmarkt und den Bildungssektor erwartet, da beispielsweise bestehende Berufsfelder angepasst oder ganz weichen müssen. Zudem hängt der Übergang zum neuen Produktionssystem stark von der Kapazität einer Volkswirtschaft ab, neue Technologien zu entwickeln und sich dem Einsatz dieser neuen Technologien anzupassen. Letzteres spielt gerade für kleine offene Volkswirtschaften wie Österreich eine zentrale Rolle, da internationaler Handel die Adoption und Diffusion von ausländischen Innovationen begünstigt, ein Aspekt der in der einschlägigen Literatur bisher so gut wie nicht behandelt wurde. Überdies kommt auch dem institutionellen und politischen Rahmenwerk eine Schlüsselfunktion zu, da Ausmaß und Art der gesetzten Maßnahmen erhebliche Auswirkungen auf die Entwicklung und Adoptionskapazität neuer Technologien haben können.
Das vorliegende Projekt zielt darauf ab, das ökonomische Potenzial und die Herausforderungen zu untersuchen, die mit der Diffusion von smarten Maschinen und anderen eng damit verknüpften radikalen Innovationen einhergehen. Dafür wird ein systemischer Ansatz unter Einbindung analytischer Modelle und empirischer Untersuchungen herangezogen, um zu analysieren, inwiefern Österreichs Wirtschaft für den digitalen Wandel gewappnet ist. Das Projektthema ist hinsichtlich des Transformationspotenzials, das der digitale Wandel und die Vollautomatisierung in sich bergen sowie den damit verbundenen Herausforderungen und Chancen für die wirtschaftliche Entwicklung Österreichs von hoher Aktualität.
Detaillierte Informationen zum Projekttema sowie Aktivitäten rund um das Forschungsprojekt entnehmen Sie bitte der Projekt-Webseite: smart.uni-graz.at
Abgeschlossene Projekte
Ungleichheiten in der digitalen Revolution: Regionen, Arbeitsmarkt und policy responses
Unterstützt durch Fördergelder des Landes Steiermark in der Reihe Polaritäten in der Wissensgesellschaft - (Un)Geteilt
Fördersumme: EUR 92.000,00
Mai 2018 bis Februar 2021
Kooperationspartner: Institut für Soziologie, Institut für Arbeitsrecht, Institut für Volkswirtschaftslehre, Institut für Systemwissenschaften, Innovations- und Nachhaltigkeitsforschung (alle Uni Graz), ISCTE Universitario de Lisboa, EHESS Aix-Marseille-Universite
Die Digitalisierung der Gesellschaft und der Wirtschaft im Besonderen stellen in mehrfacher Hinsicht eine soziale und wirtschaftliche Innovation dar - nicht umsonst wird die Digitalisierung oftmals als vierte industrielle Revolution bezeichnet, die als Basisinnovation das Zusammenleben, das Wirtschaften, aber auch die rechtlichen Rahmenbedingungen grundlegend beeinflussen wird wie einstmals die Dampfmaschine. So grundlegende Veränderungen in einer globalen Welt, in der sich Effekte auch über internationale Abwanderungen von Menschen und Firmen schnell durchsetzen, verlangt nach einer wissenschaftlich fundierten, interdisziplinären Auseinandersetzung.
Die zunehmende Digitalisierung schafft neue Möglichkeiten, aber auch Herausforderungen für weite Teile der Wirtschaft und Gesellschaft - auch in der Steiermark. So transformiert sich die Entstehung, Verfügbarkeit, Verbreitung als auch Verwendung von Wissen und Informationen stark, Dies bewirkt weitreichende Implikationen sowohl für Konsumentinnen und Konsumenten, Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer als auch für das wirtschaftliche Potenzial ganzer Regionen bis hin zu den Anforderungen an institutionelle und rechtliche Rahmenbedingungen.
Das vorliegende Projekt zielt darauf ab, aus wirtschaftlicher, soziologischer UND juristischer Sicht die Auswirkungen von Digitalisierung - insbesondere für die Steiermark und den heimischen Arbeitsmarkt - sichtbar zu machen und Lösungsvorschläge für notwendige Adaptionen der Wirtschaftspolitik beizusteuern.
Marktfundamentalismus und Politik
Marktfundamentalistische Argumentationsmuster und ihr beharrlicher Einfluss auf die Wirtschafts- und Rechtspolitik
Unterstützt durch Fördergelder des Landes Steiermark in der Reihe Polaritäten in der Wissensgesellschaft - Das Beharrungsvermögen stereotyper Argumentationsmuster
Fördersumme: EUR 92.000,00
2015-2017
Marktfundamentalistische Argumentationsmuster haben sich ab den 1980er Jahren wieder durchgreifend im politischen Diskurs verschiedener Ebenen etabliert. Dabei behaupten Marktfundamentalisten, dass ein interventionsfreier, selbstregulierender Markt für effiziente Allokation, Innovation und Freiheit notwendig ist. Die Argumentation beruht im Wesentlichen auf der Überhöhung sowie auf der Ausblendung der Anwendungsgrenzen einiger ökonomischer Kernsätze wie des Free Contract Prinzips, der Ricardianischen Äquivalenz, des Crowding Out Effekts einschließlich der damit verbundenen Politik-Ineffizienz-These, sowie des Coase Theorems. Diese bilden die Grundlage für vergleichsweise einfache Argumentationsfiguren, die im Hinblick auf ganz verschiedene wirtschaftspolitische Themen das Potential haben, Kontrahenten in die Defensive zu drängen. Dieses Projekt rekonstruiert empirisch-historisch die Entwicklung dieser marktfundamentalistischen Argumentationsfiguren im politischen Diskurs und analysiert die Gründe für deren Beharrlichkeit im politischen Prozess.
Struktureller Wandel und Konvergenz Mittel- und Osteuropäischer Länder
Unterstützt durch Fördergelder des Jubiläumsfonds der Oesterreichischen Nationalbank (Projektnummer: 15482)
Fördersumme: EUR 70.000,00
2014-2018
Dieses Projekt schließt an das OeNB-Projekts Nr. 13372 an und baut auf dessen Ergebnissen auf. Der Fokus liegt auf der wirtschaftlichen Entwicklung der mittel- und osteuropäischen Länder seit Mitte der 1990er Jahre. Durch den Zusammenbruch des Kommunismus, die Eingliederung in die Europäische Union aber auch durch die voranschreitende Globalisierung kam es zu weitreichenden Veränderungen in der Wirtschaftsstruktur der zu untersuchenden Ländern und diese sollen sowohl theoretisch als auch empirisch beleuchtet werden.
Ein Ziel dieses Projekts ist es einerseits auf Industrieebene den strukturellen Wandel sichtbar zu machen sowie Gemeinsamkeiten und Unterschiede in der wirtschaftlichen Dynamik der einzelnen Länder zu untersuchen. Hierbei wird - wie bereits im vorangegangenen Projekt - werden sowohl eine Spezialisierungs- als auch eine Konzentrationsanalyse durchgeführt.
Ein weiteres Ziel des Projekts ist eine Fortführung der Analyse unterschiedlicher Indizes zur Messung von Spezialisierung und Konzentration. Hierzu soll die Anzahl an verwendeten Indizes erweitert sowie die Abweichung empirischer Resultate aufgrund der Verwendung unterschiedlicher Indizes untersucht werden.
Diffusionsprozesse in ökonomischen Systemen
An evolutionary approach to technical change
FWF-Projekt P 24915-G11
Fördersumme: EUR 330.435,00
2012-2016
Technischer Fortschritt findet in vielen unterschiedlichen Formen statt. Joseph A. Schumpeter identifizierte fünf unterschiedliche Formen, diese umfassen: (1) die Einführung eines neuen Produkts, (2) die Einführung eines neuen Produktionsprozesses, (3) die Entstehung eines neuen Marktes, (4) die Verwendung neuer Ressourcen oder Zwischenprodukte und (5) die Einführung neuer Organisationsformen. Im Rahmen des vorgestellten Projekts werden die dynamischen Eigenschaften von Ökonomien im Falle von exogenen Technologieschocks, charakterisiert durch die Einführung neuer Produktionsprozesse, untersucht. Beim Auftreten technischen Fortschritts, kann die Frage gestellt werden, welche Charakteristiken der Transitionspfad einer Ökonomie beim Übergang von einem stationären Zustand zu einem anderen aufweist. Unter der Verwendung von Leontief-Produktionsfunktionen, werden Produzenten in diesem Kontext mit einem zweifachen (oder mehrfachen) Technikwahlproblem zwischen zwei oder mehreren Produktionsprozessen konfrontiert. Der daraus resultierende Transitionspfad, welcher zwei unterschiedliche langfristige Ruhepositionen verbindet, wird durch die Anwendung evolutionsökonomischer Ansätze sowie klassischer ökonomischer Ansätze, konstruiert. Erste Versuche diese beiden Forschungsrichtungen zu kombinieren, wurden von Steedman und Metcalfe (2011) gemacht.
Das Ziel dieses FWF-Projekts ist es, die Forschung in diese Richtung voranzutreiben. Vier eigenständige aber nicht voneinander unabhängige Aufgabenstellungen zielen darauf ab, das Verständnis der dynamischen Eigenschaften ökonomischer Systeme, beeinflusst durch das Auftreten technischen Fortschritts, zu schärfen. Im Rahmen des ersten Teils wird ein Literaturüberblick über bereits existierende Ansätze in puncto der Dynamik ökonomischer Systeme gegeben. Insbesondere wird der Fokus dabei auf Schumpeter und seine Innovationstheorie (Schumpeter 1912, 1961, 2005) sowie auf institutionelle Ansätze, wie sie von Thorstein Veblen (1898, 1924) entwickelt wurden, gelegt. Die Kombination dieser unterschiedlichen literarischen Ansätze mit empirischen und theoretischen Ergebnissen der Diffusionstheorie (Rogers 2003), ermöglicht die Modellierung und Simulation ökonomischer Diffusionsprozesse. Die beiden Aufgabenstellungen 2 und 3 verbinden die Theorie der klassischen Ökonomik mit der Evolutionsökonomik. Genauer gesagt, werden im zweiten Teil einsektorale Modellökonomien untersucht. Im Unterschied dazu, werden im dritten Teil intersektorale Feedback-Effekte, mittels der Analyse multisektoraler Modelle, betrachtet. Dabei wird ein ausführlicher theoretischer Rahmen entwickelt, welcher in Folge im Bereich der politischen Ökonomik für praktische Zwecke angewandt werden kann. Wie von Rogers (2003) untersucht, sind sowohl formelle als auch informelle Institutionen (im Sinne von North 1990) ausschlaggebend für die Beschaffenheit von Diffusionsprozessen neuer Technologien. Da technischer Fortschritt ebenso einen wesentlichen Einfluss auf sozioökonomische Problemstellungen (Rogers 2003, Kap. 11 und Kalmbach & Kurz 1992) hat, liegt es im Interesse von (politischen) Entscheidungsträgern einerseits technischen Fortschritt voranzutreiben, und andererseits den Diffusionsprozess durch die Schaffung geeigneter Institutionen, zu formen. Aus diesem Grund wird die Rolle von Institutionen in den jeweiligen Modellökonomien ausführlich untersucht. Sowohl formelle Institutionen, wie unterschiedliche Rechtssysteme als auch informelle Institutionen, beispielsweise historisch entstandene Normen, werden dabei berücksichtigt.
Im vierten Teil werden schließlich mathematische Werkzeuge vorgestellt, welche für die Bearbeitung der beiden Aufgabenstellungen 2 und 3 vonnöten sind. Dabei wird insbesondere die Theorie der Lie-Symmetrie Analyse (Bluman und Kumei 1989) für ökonomische Modellierungszwecke adaptiert.
Bibliografie
Bluman, G.W.; Kumei, S. (1989): Symmetries and Differential Equations. New York: Springer.
Kalmbach, P.; Kurz, H.D. (1992): Chips und Jobs. Zu den Beschäftigungswirkungen des Einsatzes programmgesteuerter Arbeitsmittel. Marburg: Metropolis-Verlag.
Kurz, H.D. (2008): Innovations and profits: Schumpeter and the classical heritage. Journal of Economic Behavior & Organization, 67 (1), 263–278.
North, D.C. (1990): Institutions, institutional change, and economic performance. Cambridge and New York: Cambridge University Press.
Rogers, E.M. (2003): Diffusion of innovations. 5. Ausgabe, New York: Free Press.
Schumpeter, J.A. (1912): Theorie der wirtschaftlichen Entwicklung. Berlin: Duncker & Humblot.
Schumpeter, J.A. (1961): Konjunkturzyklen. Eine theoretische, historische und statistische Analyse des kapitalistischen Prozesses. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht.
Schumpeter, J.A. (2005): Capitalism, socialism and democracy. 5. Ausgabe, London: Routledge.
Steedman, I.; Metcalfe, S. (2011): Herr Schumpeter and the Classics. Papers on Economics and Evolution. Jena: Max Planck Institute of Economics, Evolutionary Economics Group.
Veblen T. (1898): “Why is economics not an evolutionary science?” The Quarterly Journal of Economics, 12 (4), 373–397.
Veblen T. (1924): The Theory of the Leisure Class, New York: B.W. Huebsch.
Struktureller Wandel und Konvergenz
Eine empirische Analyse der Produktionsstrukturen in Europa
Unterstützt durch Fördergelder des Jubiläumsfonds der Oesterreichischen Nationalbank (Projektnummer: 13372)
Fördersumme: EUR 71.000,00
2009-2012
Ausgangspunkt und Hauptmotivation dieses Projekt durchzuführen war das Interesse an Effekten der europäischen Integration auf die ökonomische Situation der Europäischen Nationen. Das Forschungsprojekt befasste sich daher mit Forschungsfragen an der Schnittstelle zwischen Strukturwandel und internationaler Ökonomik. Untersucht wurden die Veränderungen lokaler Industriemuster sowie der Spezialisierungsmuster der Länder aufgrund des europäischen Integrationsprozesses. Dieses Thema ist von speziellem Interesse in Bezug auf die ökonomische Entwicklung in Europa, seit aufgrund der Umsetzung eines Binnenmarktes und der Einführung einer Gemeinschaftswährung Handels- und Produktionsschranken schrittweise abgebaut wurde. Die Elimination dieser Barrieren hat wesentlichen Einfluss auf die Industrialisierung und auf die Wettbewerbsfähigkeit der einzelnen Länder. Durch erweiterte internationale Handelsmöglichkeiten sowie um ein Funktionieren der Währungsunion zu garantieren scheint es höchst relevant zu sein, ob sich einzelne Länder ökonomisch auseinanderentwickeln oder ob die Märkte flexibel genug sind, um wachsende Spezialisierung und Konzentrationstendenzen auszugleichen.
Dieses Forschungsprojekt liefert Beiträge zu einer Forschungsrichtung, die sich erst kürzlich entwickelt hat. Ein tiefergehendes ökonomisches Verständnis sowie ein Verstehen der wirkenden Kräfte ist bis jetzt nur eingeschränkt vorhanden. Auch wenn Konvergenztendenzen von Einkommens-levels in der Literatur ausgiebig behandelt wurde (z.B. Easterlin 1960, Borts und Stein 1964, Williamson 1965 oder Theil 1967), hat strukturelle Konvergenz bisher wenig Aufmerksamkeit erfahren, obwohl Studien darauf hinweise, dass Einkommens- und Produktivitätskonvergenz nicht notwendigerweise zu struktureller Konvergenz führen; und wenn, dann verläuft der Prozess der strukturellen Konvergenz aufgrund von Agglomerationen und Pfadabhängigkeiten sehr viel langsamer ab als derjenige der Produktivitätslevels (Fagerberg 2000 or Gugler and Pfaffermayr 2004).
Anderton et al. (1992) unterscheiden drei verschiedene Konzepte struktureller Konvergenz. Erstens kann strukturelle Konvergenz für die Assimilation ökonomischer Institutionen, rechtlicher Praktiken sowie organisatorischer Strukturen stehen, innerhalb welcher Firmen sich bewegen. Zweitens, strukturelle Konvergenz kann als Anpassung von Kosten, Preisen, von Inflation und Wechselkursen verstanden werden. Und drittens kann strukturelle Konvergenz als echte Konvergenz definiert werden, d.h. als Reduktion von Unterschieden bzgl. Arbeitsbedingungen, Lebensstandard, Beschäftigungsrate, Arbeitslosigkeit und Arbeitsproduktivität. In diesem Forschungsprojekt haben wir uns ausschließlich auf den dritten Aspekt struktureller Heterogenität konzentriert.
Speziell folgende Fragestellungen wurden untersucht:
Worin liegen die Hauptursachen von Konzentrations- und Spezialisationsmustern im Hinblick auf die ökonomische Theorienbildung? Gibt es Erkenntnisse, die mit empirischen Ergebnissen übereinstimmen? Dies ist speziell deshalb relevant, da ein tieferes Verständnis der zu Konzentration und Spezialisierung führenden Prozesse notwendig ist, um erfolgreiche Wirtschaftspolitik für die Europäische Union und speziell für die (strukturell) nachhinkenden Länder zu begründen.
Welche statistischen Werkzeuge stehen zur Untersuchung von Konzentrations- und Spezialisationsprozessen zur Verfügung? Worin bestehen brauchbare Spezialisierungs-Maßzahlen? nachdem diese definiert sind: Welche Vor- und Nachteile gibt es bei den unterschiedlichen Methoden, Konzentration und Spezialisierung zu untersuchen?
Hat die Integration die geografische Verteilung der westeuropäischen Industriestandorte verändert? Wenn ja: Welche Industrien sind am meisten betroffen und welche Gemeinsamkeiten weisen diese Industriezweige auf? Welche Länder können welche Industrien anlocken?
In Bezug auf die Wirtschaftspolitik der Europäischen Union ist es von speziellem Interesse, ob die zunehmende Integration Agglomerationskräfte freisetzt, welche zu zunehmenden Unterschieden zwischen Zentrum und Peripherie führen. Krugman (1991b) hat in diesem Zusammenhang die Hypothese entwickelt, dass die europäische Integration zu einer räumlichen Spezialisierung der europäischen Industrien führt, vergleichbar mit den ökonomischen Clustern der Vereinigten Staaten.
Sind sich die ökonomischen Strukturen der westeuropäischen Staaten mit der Zeit ähnlicher geworden? Welche Unterschiede bestehen zwischen westeuropäischen Ländern? In dieser Hinsicht ist es von speziellem Interesse, die Unterschiede der Wirtschaftsentwicklung von ökonomischen Nachzüglern wie Finnland und Irland mit denen von Griechenland und Portugal zu vergleichen.
Wir beschränken unsere Analyse auf die nationale Ebene, obwohl auch die Heterogenität auf regionaler und städtischer Ebene von hoher Relevanz ist. Es ist zum Beispiel eine häufige Sorge, dass Randregionen an Wettbewerbsfähigkeit verlieren, was zu einem Verlust von Arbeitsplätzen infolge der wirtschaftlichen Integration führt (Krugman, 1991 und Krugman und Venables, 1995), was zu einem langsameren Wirtschaftswachstum führt und schließlich die Kluft zu prosperierenden Regionen vergrößert in Wirtschaftszentren. Darüber hinaus befassen wir uns nicht mit Konzentrationsprozessen einzelner Branchen auf lokaler Ebene wie der Textilindustrie in der italienischen Region Prato oder der Konzentration der Automobilindustrie in Detroit.
In Kapitel 2 geben wir eine Literaturübersicht, die keine neuen Informationen enthält, sondern darauf abzielt, verschiedene Forschungsstränge zu sammeln, die bisher separat untersucht wurden, und einen Überblick über theoretische und neuere empirische Forschung zu geben. Zunächst diskutieren wir sowohl sektorübergreifende als auch interindustrielle Muster der wirtschaftlichen Entwicklung. Da die Prozesse, die diese Entwicklungen antreiben, sehr unterschiedlich sind, ist es notwendig, diese Unterscheidung zu treffen. Zweitens geben wir Hinweise auf beide Faktoren, die die (De-) Konzentration und (De-) Spezialisierung antreiben. Obwohl diese beiden Phänomene Hand in Hand gehen können, sind sie nicht dasselbe. Daher ist die Unterscheidung zwischen ihnen eine wichtige Aufgabe. Drittens berichten wir über empirische Ergebnisse für westeuropäische Länder, um zu verstehen, welche die Hauptantriebskräfte sind, und um gleichzeitig zu lernen, inwieweit theoretische Modelle in der Realität zutreffen.
Bisher gibt es keine gute Darstellung darüber, welche Konzentrations- und Spezialisierungsindizes für empirische Studien verwendet werden sollen und inwieweit empirische Ergebnisse entweder vom Index abhängen, der zur Messung von Konzentrations- und Spezialisierungsmustern ausgewählt wurde, oder von der (Aggregation der) Datenbanken. Da Studien widersprüchliche Ergebnisse gemeldet haben, wollen wir bewerten, ob diese beiden Faktoren zu empirischen Ergebnissen führen. Wir präsentieren daher nicht nur eine vollständige Darstellung der Merkmale, die ein angemessenes Maß an Spezialisierung erfüllen sollte, sondern konzentrieren uns auch auf die Mängel der in der empirischen Forschung verwendeten Indizes. Um die Unterschiede zwischen den gängigsten Spezialisierungsindizes aufzudecken, werden für den Zeitraum 1970 bis 2005 sowohl absolute als auch relative Indizes auf europäische Beschäftigungsanteile in zehn bis vierzehn westeuropäischen Ländern angewendet, die bis zu 51 Branchen umfassen.
Kapitel 4 baut auf dem gemeinsamen Papier mit Claudia Schmiedeberg „Strukturelle Konvergenz europäischer Länder“ auf, das in Structural Change and Economic Dynamics, 2010, vol. 21, 85 & ndash; 100. Wir erweitern die Arbeit, indem wir die in dem Papier erzielten Ergebnisse mit sektor- und ländergewichteten Indizes vergleichen, die im Großen und Ganzen das Gesamtbild für das verarbeitende Gewerbe und den Dienstleistungssektor insgesamt nicht verändern. In Bezug auf die Entwicklung einzelner Branchen widersprechen die Ergebnisse zu stark, ob die Konzentration in absoluten Zahlen oder in Bezug auf die Branchengröße gemessen wird. In dieser Hinsicht zeigen wir den Einfluss der Größe einer Branche auf empirische Ergebnisse. Somit identifizieren wir neben dem Datensatz und der Wahl des Index einen dritten Faktor, der empirische Ergebnisse zu Konzentrations- und Spezialisierungsprozessen beeinflusst. Darüber hinaus zeigen wir, dass es notwendig ist, die Entwicklung der Konzentrationsmuster jeder Branche einzeln zu analysieren, da diese Muster einerseits zu unterschiedlichen Zeitpunkten auftreten und andererseits unterschiedliche Formen der Konvergenz (bzw. Divergenz) identifizieren können: allgemeine Konvergenz oder Entwicklungen in einem Land (einem Verein). Schließlich zeigen wir in einer deskriptiven Datenanalyse, dass Branchenmerkmale wie branchenübergreifende Verknüpfungen und Skalenerträge einen positiven Einfluss auf den Konzentrationsgrad haben, während wir diesen Zusammenhang nicht mit brancheninternen Verknüpfungen finden.
In Kapitel 5 verbessern wir die vorhandenen Ergebnisse, da wir Daten für alle westeuropäischen Länder verwenden, die einen langen Zeitraum und eine große Auswahl von Branchen abdecken, was wichtig ist, um robuste Ergebnisse zu erzielen. Darüber hinaus interessieren uns sowohl die Ähnlichkeiten als auch die Unterschiede zwischen den untersuchten Ländern. Wir ordnen daher einzelne Länder Clubs zu, d. H. Gruppen von Ländern, die gemeinsame Merkmale aufweisen, und analysieren die Entwicklung von Clubs und ihren einzelnen Ländern im Zeitverlauf. Auf diese Weise können wir zwischen wirtschaftlichen Nachwuchskräften und Spitzenreitern unterscheiden und den Strukturwandel reproduzieren, der in jeder Teilstichprobe eingetreten ist. Dann zeigen wir, dass selbst in einer globalisierten Welt, in der aufgrund technologischer Revolutionen (z. B. des Internets) die Transportkosten gesenkt wurden, die Entfernung immer noch eine wichtige Erklärung für Konzentrations- und Spezialisierungsmuster darstellt. Wenn wir eine langfristige Perspektive einnehmen und die Entwicklungen der europäischen Länder und Industrien seit den 1970er Jahren untersuchen, können wir die strukturellen Entwicklungen Westeuropas beleuchten und Einblicke in die Fragen geben, ob die Länder im Laufe der Zeit heterogener geworden sind und ob der Prozess Die europäische Integration durch die Beseitigung von Handelshemmnissen hatte erhebliche Auswirkungen auf den Wettbewerb, was bedeutet, dass sich die Branchen, auf die sich die Länder spezialisiert haben, und der Konzentrationsgrad der einzelnen Branchen geändert haben. Eine zentrale Frage in der Europäischen Union - ob der wirtschaftliche Kern auf Kosten der Peripherie gewinnt - wird ebenfalls eingehend untersucht, da der freie Kapital- und Arbeitsverkehr die Effizienz der Produktion steigern dürfte.
Wir haben die Arbeit auf verschiedenen Konferenzen und Tagungen vorgestellt, darunter dem FIW-Workshop 2010, der NoEG-Konferenz 2011 und dem Göttinger-Workshop "Internationale Wirtschaftsbeziehungen" 2011.
Economics e-Translations
Das Graz Schumpeter Centre ist einer der assoziierten Partner im EE-T-Projekt (Economics e-Translations), das von der Europäischen Kommission im Rahmen des Erasmusprogramms "Lebenslanges Lernen" gefördert wird.
Ziel des EE-T-Projekts ist eine Untersuchung des Einflusses von Übersetzungen ökonomischer Texte auf die Geschichte des ökonomischen Denkens in Europa. Die historische und linguistische Analyse verschiedener Übersetzungen ist unabdingbar, um die Verbreitung ökonomischer Ideen nachzuvollziehen und so einen breiteren Zugang zur Geschichte des ökonomischen Denkens zu ermöglichen.